Die niederösterreichische EISENSTRASSE: wo´s wild und mild ist

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Eine kleine Zeitreise zu Holztrift, Hammerwerk und Schmiedetradition: an der niederösterreichischen Eisenstraße vom Voralpenland bis zum Mostviertler Hügelland


Die Neugier hat uns an die Peripherie Niederösterreichs getrieben – dorthin, wo man selten unterwegs ist: an der niederösterreichischen Eisenstraße.

Auf unserer kleinen Zeitreise waren wir vom wilden Voralpenland der Eisenbarone bis ins milde Hügelland der Mostbarone unterwegs.

Und haben dabei viel über den Weg des Erzes bis zum Metall gelernt. Eine Reise zu ein paar durchaus interessanten Ausflugszielen in Niederösterreich!

Ausgeflogen ins Mostviertel: entlang der niederösterreichischen Eisenstraße
1. Wo das HOLZ herkommt: auf dem Holzweg im Mendlingtal
2. Wo WASSER auf Händler trifft: die Eisenbarone von Lunz
3. Wo das Erz zu METALL wird: auf der Schmiedestraße in Ybbsitz
4. Wo EISEN & STAHL eine Stadt ernähren: Waidhofen/Ybbs
5. Wo man GOTT an der Eisenstraße findet: am Sonntagberg

Was ist die (niederösterreichische) Eisenstraße, wo verläuft sie genau?

Zuerst mal: „DIE Eisenstraße“ gibt es nicht. Zumindest aus Sicht der Tourismusbüros. Mal ists die niederösterreichische Eisenstraße, mal die oberösterreichische, mal die steirische. Und zusätzlich deckt sich das Gebiet im Großen und Ganzen mit der „Eisenwurzen“-Region. Also alles ziemlich verwirrend.

Aber: Im Prinzip handelt sich um Zentren des Abbaus, der Verarbeitung und des Handels von Eisen, und zwar

  • in der Steiermark: mit dem Abbaugebiet rund um den Erzberg
  • in Niederösterreich: mit der Verarbeitung rund ums Ybbstal, sowie dem „Proviantbezirk“ rund um die Erlauf
  • in Oberösterreich: mit der Verarbeitung rund um Steyr und Enns.

Eine Region prägt das Land: Land der Hämmer

Die ganze Region verdankte über Jahrhunderte ihren wirtschaftlichen Aufschwung dem Eisen. Und war auch gleich fürs ganze Land bedeutend: Die „Eisenwurzen“ waren kaiserliches Kammergut und sind nach wie vor in der 1. Strophe der Bundeshymne verewigt….Land der Hämmer!


Seit dem 14. Jahrhundert war die Eisenverarbeitung dezentralisiert.

Und funktionierte bis zum 19. Jahrhundert wie folgt:

  • Das Erz wurde am Erzberg ergraben und geschmolzen.
  • Das Roherz wurde daraufhin in den Voralpentälern verarbeitet. Warum dort? Weil es nur hier genügend an Holz und Wasser gab – schon im Mittelalter waren die Berge rund um Eisenerz nämlich fast kahl geschlagen.
  • Das Holz der Wälder fand seine Bestimmung im „grünen Gold“ der Köhler, der Holzkohle. Das Wasser trieb sowohl Blasbälge als auch Hämmer in den Hammer- und Schmiedewerken im Ybbstal an.
  • In den Proviantbezirken weiter nördlich („Dreimärktestraße“ an der Erlauf) wurden die Lebensmittel für die Köhler und Schmiede erzeugt.
  • Das fertige Eisen-Endprodukt wurde in den Handelsstädten vertrieben.

Unsere Route auf der niederösterreichischen Eisenstraße

Wir waren bei unserer kleinen Zeitreise auf der niederösterreichischen Eisenstraße zwischen Lunz und Waidhofen/Ybbs unterwegs, haben uns aber auch den steirischen Erzberg sowie Steyr und Enns angesehen.

1. Wo das HOLZ herkommt: auf dem Holzweg im Mendlingtal

Die Reise startet mitten in der wildalpinen Bergwelt rund um Hochkar und Dürrenstein.

Eine der letzten funktionierenden Holztriftanlagen in Mitteleuropa wurde hier im Tal des Mendlingbaches wiederbelebt.

Wohin das Auge blickt: Nur Holz. Die Triftanlage, der Holzwanderweg durch die Schlucht. Die Hinweisschilder, der Spielplatz zu Beginn.

niederösterreichische Eisenstraße Mendlingtal Holztriften

Holztriftanlage? Was ist das? Wie geht das?

Die Köhler brauchten Holz, um daraus die für die Eisenverarbeitung wichtige Holzkohle zu erzeugen. Das Holz kam aus den Wäldern der Kalkalpen. Und wurde über die Bäche aus dem Wald heraus transportiert. Und hier kommt die Holztrift ins Spiel.

Das Wasser des Baches wurde in einer Klause im Triftsee aufgestaut. Die Holzbäume, die im Bach trieben, wurden mit einem Flutschwall bis zur nächsten Station (einer weiteren Klause, einem Holzrechen) geschwemmt. Bis es an seinem endgültigen Ziel angekommen war.


Und diesen Vorgang der Holzschwemme kann man sich hier ansehen.

Samt Einblick in ein Schmiedegesellenhaus mit Rauchkuchl, samt funktionierender Brettersäge und Schmiede. Und funktionstüchtiger Mühle am Ende des 3,5 Kilometer langen Themenwegs, dort, wo man auch im Hammerherrenhaus die „Bezwingung“ des Wegs mit einer guten Mahlzeit feiern kann. Ein gratis Hochkarblick ist auch mit im Paket.

Was wir nicht geschafft haben: Zum Schautriften da zu sein. Da hätten wir gesehen, wie die Holzknechte die Baumstämme von Klause zu Rechen zu „Ländkanal“ weiterbewegen.

Aber der Themenweg allein ist faszinierend genug. Und auch einfach zu begehen. Und auch imposant zu begehen, denn wir sind am Holzsteg ganz nach dran an den Felsen in der Schlucht. Auf jeden Fall gelingt es uns gut, uns den Weg des Holzes entlang Klause, Schlucht und Schwemmkanal vorzustellen.

Übrigens: Das Mendlingtal ist sehr zu empfehlen mit Kindern! Der Weg ist mit 3,5 Kilometern nicht allzu lang, die Schlucht und die Kanäle lassen keine Langweile aufkommen, und gleich nach dem Eingang kann man sich am Baumsägen oder Kuhmelken beweisen. Im kurzen Auwald-Abschnitt zwischen Schlucht und Triftkanal herrscht fast Gruselstimmung. Oder Zauberstimmung.

Das Schautriften im Mendlingtal findet zweimal monatlich statt – Termine daher vorher checken! Der Einstieg in die Holztriftanlage befindet sich in Lassing.

2. Wo WASSER auf Händler trifft: die Eisenbarone von Lunz

Nächster Stop in Richtung Norden ist Lunz. Eine Station auf der Dreimärktestraße, die für den Austausch von Roheisen mit Nahrungsmittel aus dem Alpenvorland sorgte.

Ein „Eisenstraße-Muss“ ist das Haus der Hammerherren, der „schwarzen Grafen“, die durch die Eisenverarbeitung in der Region reich geworden waren.

Lunz Amonhaus Hammerherrenmuseum niederösterreichische Eisenstraße

Aber natürlich muss man in Lunz auch einen Wasser-Stop einlegen – und zwar an Niederösterreichs einzigem natürlichen See. Das haben wir an einem weiteren Wochenende am Lunzer See dann auch ausführlich getan. Und uns auch den letzten Urwald Mitteleuropas angesehen. Sowie am Hochkar 100 Zweitausender bewundert.


Mehr zu Lunz

Lunz Ausflug

Ein Wochenende in Lunz: 6 Dinge die man rund um Österreichs Kälteloch tun kann.

Nach Lunz geht’s wieder zurück in Richtung Göstling, wo wir wieder auf die Ybbs stoßen, den für die Schmieden und Hammerwerke der Region als Antriebs- und Transportmittel so wichtige Fluss.


Mehr zur Ybbs

Ybbstalradweg

Entlang der Ybbs sind wir beim Lunz Ausflug auch entlanggeradelt: am Ybbstalradweg von Lunz bis Waidhofen.

3. Wo das Erz zu METALL wird: auf der Schmiedestraße in Ybbsitz

Unsere nächste Station auf der niederösterreichischen Eisenstraße ist in Ybbsitz. Ein kleiner Geheimtipp für alle, die sich gerne auf Zeitreise begeben.

Seit jeher lebte Ybbsitz von der Eisen- und Metallverarbeitung (bis heute sind hier z.B. die Welser Werke angesiedelt). Ab dem 16. Jahrhundert entwickelte sich der Ort zum Zentrum der Werkzeug -und Kleineisenindustrie. Zahlreiche Hammerwerke und Schmieden (Hacken, Messer, Löffel & Scheren) entstanden – bis ins Jahr 1808 waren hier 63 Schmiedemeister in 20 Hammerwerken tätig. Erst ab 1860 begann der Untergang des alten Handwerks.

Heute wird die Tradition des Schmiedens dafür wieder hochgehalten. Nicht nur für die Branche – das Schmiedefest „Ferraculum“ findet im 2-Jahres-Rhythmus statt – sondern auch für Zeitreisende wie uns.

Selbst wenn wir nicht live beim Schmieden dabei sein können: die Zeugnisse der einstigen Schmiedehochburg auf der Schmiedemeile sind Grund genug, nach Ybbsitz zu kommen. Und im „Ferrum“-Museum haben wir dann auch so einiges dazugelernt.


Vom Roheisen zur Hacke – oder zur Sanduhr

Die ersten Stationen am Themenweg der Schmiedemeile: die Sanduhr „Panta Rhei“, die anlässlich des „Ferraculum“-Fests 2000 als Gemeinschaftsarbeit europäischer Schmiede erschaffen wurde.

Ybbsitz Schmiedemeile niederösterreichische Eisenstraße

Im „FeRRUM – Welt des Eisens“ – stimmen wir uns ein auf die Welt des Metalls und der Metallverarbeitung. Virtuell wird hier die Geschichte des Eisens präsentiert, aber auch die Geschichte der Region.

Wer so wie wir das Schauschmieden verpasst, kann dies ebenso virtuell nachholen: ein kurze Film-Dokumentation zeigt den Weg vom Roheisen zum Hackbeil im Fahrngruber Hammer.

Das FeRRUM befindet sich im Kremayrhaus am Marktplatz.


„In der Noth“ – die Hammerwerke auf der Schmiedemeile

Die Schmiedemeile führt uns hinaus ins Prollingbachtal. Dort, wo neben den Wehren die alten Hammerwerke zu finden sind.

  • Der Fahrngruber Hammer
    Wir haben es im Film im FeRRUM gesehen: bis in die 1980er Jahre wurden in einer der ältesten Ybbsitzer Schmieden Hacken, Äxte und Beile geschmiedet.
  • Das Hammerwerk Eybl
    Auch im restaurierten Eyblhammer wurden Werkzeuge geschmiedet. Gleich daneben befindet sich in einem weiteren ehemaligen Hammerwerk heute ein Wasserkraftwerk der EVN.
  • Der Einöd-Hammer
    Der Einöd-Hammer liegt am Ende der Schmiedemeile. Auf dem heute noch als Schmiedewerkstatt genutzten Gelände kann man den Wehrsteg des Prollingbachs genau inspizieren.

Eine Übersicht zu den Ybbsitzer Schauschmiede-Vorführungen und Schmiedekursen gibt’s hier. Im Fahrngruber Hammer können z.B. Nägel selbst geschmiedet werden, im Eyblhammer Hacken und Damaszenerklingen. Schauschmieden oder Schmiedekurse werden auch in der Tannhäuser Schmiede angeboten.
Im RIESS KELOMAT-Werk kann man sich ansehen, wie ein Emaille-Topf hergestellt wird (nach Voranmeldung).
Für weitere Führungen durch durch die Region kann man sogar einen SEPP buchen….

4. Wo EISEN & STAHL eine Stadt ernähren: Waidhofen/Ybbs

Auch die nächste Station verdankt ihre Entwicklung der Nähe zum steirischen Erzberg. Waidhofen/Ybbs war sowohl für die Eisenproduktion, als auch für die Nahrungsmittelproduktion ein wichtiger Umschlagplatz.

Waidhofen/Ybb Ybbsuferweg niederösterreichische Eisenstraße

Auch in Waidhofen war die Kleineisenindustrie federführend. Klingen- und Messerschmiede sowie Schleifer waren schon um 1300 in Waidhofen beheimatet. Nach der Gegenreformation, in der viele Schmiede aus der Stadt zogen, ging auch hier ab dem 19. Jahrhundert die Kleineisenindustrie „den Bach hinunter“. Dafür konnte sich allerdings mit den Böhlerwerken ein wichtiges Zentrum der Großindustrie entwickeln.


Wo die Türme die Richtung weisen

Waidhofen/Ybbs ist der nächste Geheimtipp auf der niederösterreichischen Eisenstraße. Wer malerische Spaziergänge liebt, ist am Ybbsuferweg gut aufgehoben. Und auch das wunderschöne Stadtbild lädt mit seinen Innenhöfen und Arkaden zum Flanieren ein.

Das Tüpfelchen auf dem I bildet die Stadtansicht. Nicht umsonst wird Waidhofen „Stadt der Türme“ genannt.

  • Der Ybbsturm: wo´s hinein geht
    Wir betreten die Stadt durch das Tor des Ybbsturms, der das Stadtmotto ausgibt: „ Ferrum chalybsque urbis nutrimenta“ – Eisen und Stahl ernähren die Stadt.“
Waidhofen/Ybbs Ybbsturm niederösterreichische Eisenstraße
  • Der Stadtturm: wo´s nach oben geht
    Das Waidhofner Wahrzeichen auf dem Stadtplatz gedenkt noch heute der Vertreibung der Türken im Jahr 1532 – vor allem mit der eingestellten Uhrzeit: die Zeiger der Turmuhr wurden seitdem nicht mehr bewegt. Der Stadtturm kann auch bestiegen werden. Wir haben uns für die Turmbesteigung allerdings den Ennser Stadtturm ausgesucht.
Waidhofen/Ybb Stadtturm niederösterreichische Eisenstraße
  • Der Glasturm: wo´s weiter geht
    Einst Schloss des Baronen, ist Schloss Rothschild heute wohl das auffälligste Bauwerk Waidhofens. Und, soviel muss man zugeben, auch das eindruckvollste. Denn der Bergfried mit dem gläsernen Aufbau (2006 von Hans Hollein errichtet) ist wirklich ein Hingucker. Heute befindet sich im Schloss ein Veranstaltungszentrum sowie ein Museum.
Waidhofen/Ybb Schloss Rothschild niederösterreichische Eisenstraße

Die feine Altstadt bietet sich für geführte Stadtrundgänge oder Nachtwächterführungen an. Infos dazu hier. Die Ausstellung im Stadtturm zum Thema „Das Leben vor 100 Jahren“ kann von Mai-Oktober jeden 1. Sonntag im Monat (13-17h) besucht werden.
Das „5-Elemente-Museum“ im Schloss Rothschild bietet 50 Experimente zu Erde, Holz, Metall, Wasser und Feuer. Für Kinder gut geeignet. Im Eintritt inbegriffen ist auch der Zugang zum Turm.
Einen weiteren Zugang zum Element Wasser gibt’s im Schaufkraftwerk Schwellöd der EVN. Dabei werden Fragen zum Thema Stromerzeugung kindgerecht geklärt.

5. Wo man GOTT an der (niederösterreischichen) Eisenstraße findet: am Sonntagberg

Unseren kleinen Roadtrip auf der niederösterreichischen Eisenstraße haben wir dann unter dem Auge Gottes abgeschlossen. Und zwar dort, wo sich die Umgebung schön langsam sanfter und milder gestaltet.

Die bedeutendste Wallfahrtskirche des Mostviertels thront auf dem 712 Meter hohen Sonntagberg. Wo dieser zu sehen, soll bekanntlich das wahre Mostviertel sein.

Sonntagberg Mostviertel niederösterreichische Eisenstraße

Was das mit der Eisenstraße zu tun hat? Die Basilika Sonntagberg wird auch „Gottesburg der Eisenwurzen“ genannt. Und erlaubt einen wunderbaren Panoramablick auf die Eisenstraße – und weiter hinaus. Von der alpinen Bergwelt bis zu Streuobstwiesen des Mostviertels, vom Ötscher bis zu Gesäuse und Traunstein. Und blickt man zum Fuß des Sonntagsbergs hinunter, hat man die Böhlerwerke der voestalpine vor Augen.

Die barocke Kirche (erbaut von Jakob Prandtauer) lockte zu ihrer Blütezeit im 18. Jahrhundert bis zu 100.000 Pilger jährlich an. Noch heute kommt am Oberösterreichischen Mariazellerweg am Sonntagberg vorbei (und auch an den weiteren Eisenstraße-Stationen Waidhofen, Ybbsitz und Lunz).

Die Basilika steht nicht nur „am Sonntagberg“, sondern auch in der „Gemeinde Sonntagberg, deren historische Gebäude ebenso einen Blick wert sind. Den Ausblick kann man auch am 3 Kilometer langen Panoramaweg rund um die Basilika einfangen. Am Sonntagberg beginnt auch der 50 Kilometer lange Panorama-Höhenweg bis Randegg, der Mostviertel-Ausblicke vom Feinsten bietet.


Wo Gott noch zu finden ist

Einen letzten Stop gibt es dann doch für uns noch auf der niederösterreichischen Eisenstraße. Und zwar nicht in Richtung Dreimärktestraße bzw. nach Gresten, Scheibbs und Purgstall, wo die Lebensmittel für die verarbeitenden Regionen produziert wurden.

Sondern in die entgegengesetzte Richtung, weiter in Richtung Steyr und Enns, den oberösterreichischen Zentren der Eisenstraße.

Auf dem Weg dorthin haben wir nämlich Gott nochmals einen Besuch abgestattet, und zwar im Mutterstift der Sonntagberger Basilika. Beim Benediktinerstift Seitenstetten, dem „Vierkanter Gottes“, befinden wir uns dann nämlich im richtigen, echten Mostviertel….

Benediktinerstift Seitenstetten

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